Der extreme Kostendruck seit 2020 setze sich somit unvermindert fort. Gleichzeitig werde die exportorientierte Branche im internationalen Wettbewerb deutlich geschwächt. Zucker sei der letzte, durch die Marktordnung mit ihren hohen Außenzöllen geschützte Agrarsektor der EU. In der derzeitigen schwierigen Wirtschaftslage bilden die explodierenden Rohstoffkosten das größte Problem, die zu den ohnehin hohen Energiekosten in Deutschland hinzukommen. So stieg der europäische Zuckerpreis im vergangenen Jahr dramatisch an und befindet sich derzeit auf einem Allzeithoch. Im Juni 2023 lag er um mehr als 80 Prozent über dem Niveau des Vorjahrs. Dies geht aus den Zahlen der EU-Kommission zu den europäischen Industrieabgabepreisen von Zucker hervor.
Dabei seien die Inflationsentwicklungen in bestimmten Bereichen „hausgemacht“. Seit Jahren bemängelt der BDSI gemeinsam mit anderen zuckerverarbeitenden Branchen die politische Ausgestaltung des europäischen Zuckermarkts. Noch immer sei der Zuckermarkt mit hohen Schutzzöllen vom Weltmarkt weitestgehend abgeschirmt. Die wenigen Einfuhrkontingente, die die EU anderen Produzenten ermögliche, seien zu unflexibel und stünden zudem lediglich den europäischen Anbietern von Zucker selbst zur Verfügung. Denn der importierte unfertige Rohzucker müsse erst von der europäischen Zuckerindustrie noch zu Weißzucker raffiniert werden. Diese sogenannte „Beiraffination“ erfolge jedoch nicht zur Entlastung des Markts, sondern vor allem zur Verlängerung der Zuckerkampagne.
Der BDSI fordert daher mehr Marktorientierung, die Berücksichtigung des klimatischen Wandels im europäischen Zuckerrübenanbau und ein Aussetzen der hohen Schutzzölle, sodass auch Zucker aus anderen Regionen der Welt importiert werden kann. Ein Gegensteuern der Politik wäre notwendig, um die Knappheit am Markt sowie die Preisinflation beim Zucker einzudämmen. „In dieser äußerst angespannten Situation für die Süßwarenindustrie in Deutschland und der Europäischen Union muss die EU-Kommission endlich handeln und kurzfristig den europäischen Markt für Weißzuckerimporte öffnen“, sagt Bastian Fassin, Vorsitzender des BDSI. „Trotz der hohen Zuckerpreise ist die Zuckerproduktion der EU immer noch viel zu niedrig und die Versorgungslage gefährdet. Das zeigt eindeutig, dass es ohne weitere Einfuhrkontingente oder das Aussetzen des protektionistischen EU-Schutzzolls nicht geht.“ Neben diesen kurzfristigen Maßnahmen ist jedoch eine langfristig angelegte Neuausrichtung des EU-Zuckermarkts aus Sicht des BDSI „zwingend notwendig“.